In der Antike regierten Erdgöttinnen die Welt. Mit der Entstehung des Patriarchats vor etwa 1500 Jahren wurden sie jedoch an allen außer einem Ort entthront: Indien. Im Hinduismus gilt die Energie der Göttin, auch „Shakti“ genannt, als die Grundlage des Lebens selbst – die schöpferische Kraft, die für die Erschaffung, Pflege und Zerstörung des Universums verantwortlich ist. Mit einer wilden und herzlichen Leidenschaft wurde diese weibliche Lebenskraft in Indien im Laufe der Jahrhunderte in Form von Göttinnen verehrt, die so vielfältig und farbenfroh sind wie die echten Frauen, die sie inspiriert haben, von der anmutigen Durga bis zur furchterregenden Kali. Von allen hinduistischen Göttinnen, die die Liebe verkörpern, mag Lalita („Sie, die spielt“) meine Favoritin sein. Auf spielerische und doch leidenschaftliche Weise fordert sie uns auf, zu lieben: uns selbst, einander und vielleicht am wichtigsten, die Erde.

Aus dem Feuer geboren, ist Lalita exquisit sinnlich, eine Schönheit mit dichtem, nach Blumen duftendem Haar und goldroter Haut. Laut einem alten Sanskrit-Text* sehen ihre Augen aus wie „Fische, die im See ihres Gesichts spielen“, während ihre Ohren „die Sonne und den Mond als Nieten“ haben. Besonders gut gefällt mir die Beschreibung von Lalitas Bauch: Er hat „drei hübsche Falten“ und „schöne Haarsträhnen“. Bei Lalita dreht sich alles um Anziehung; nicht nur die Art, die Bienen zu Blumen zieht, sondern auch die Kraft, die Atome zu Molekülen zusammenzieht. Eine atemberaubende Manifestation der uralten Energie von Mutter Erde.